Die Zukunft der Künstlichen Intelligenz heißt Neuromorphes Computing. Dabei werden Computer nach Vorbild des menschlichen Gehirns konstruiert, deren Funktionsweise den menschlichen Neuronen nachempfunden wird. Nun ist es zum ersten Mal gelungen, nach dem Beispiel natürlicher Nervennetze, biologische (“lebende”) und hybride Neuronen mittels Dopamin nahtlos miteinander zu verlinken.
Eine neue Studie in Nature Materials zeigt, das es möglich ist, ein künstliches Neuron mit einem biologischen Neuron direkt kommunizieren zu lassen. Hierfür wird gleich den Vorgängen im menschlichen Hirn nicht nur Elektrizität genutzt, sondern der bisher hauptsächlich als Belohnungssignal agierende Neurotransmitter Dopamin. Diese “Neurotransmitter” stellen die Basis für eine funktionale Verlinkung der Neuronen im Gehirn dar - ohne chemische Signale kann das Gehirn nicht akkurat funktionieren. Die Studie beweist deutlich die Machbarkeit einer solchen biologisch-hybriden Verbindung zu einem funktionierenden Schaltkreis.
“Es ist zweifelsfrei eine Demonstration, dass eine Kommunikationsverschmelzung aus Chemie und Elektrizität möglich ist. Man könnte sagen, ein erster Schritt in Richtung Brain-Machine-Interface, aber wirklich nur ein sehr sehr winziger …” so das Team um Dr. Albert Salleo, der Stanford Universität, U.S.A.
Die neuromorphen Computerchips “feuern” (Signale, elektrische Impulse, etc.) wie ihre biologischen Neuronenverwandten. Das biologische Neuron erzeugt Dopamin. Das Ergebnis entspricht voll und ganz der Faustformel aus der Neurowissenschaft: “What fires together, wires together” …
Als möglicher Ersatz für Datenverarbeitungs Hardware, haben neuromorphe Systeme bereits unter Beweis gestellt, welches Potential in ihnen steckt. Aber natürlich liegt auch die Frage nahe, ob die Ähnlichkeit zum menschlichen Gehirn diese Systeme als “Ersatzteile” für Hirntraumata, -verletzungen oder andere -degenerationen anbietet. Können künstlich eingebrachte Neuronenhybriden ein beschädigtes biologisches Hirn ggf. “reparieren”?
Theoretisch betrachtet ist die Antwort: Ja.
Allerdings: Aktuelle Brain-Machine-Interfaces benutzten bisher nur elektrische Signale, um der Komplexität des natürlichen Vorgängers nahe zu kommen. Es werden aber Neurotransmitter zur nahtlosen Übermittlung der Signale benötigt. Für ein künstlich-biologisches, neurales, Hybrid System würde ein Fehlen von Chemikalien quasi den geschwindigkeitstechnischen Umstieg auf eine Postkutsche bedeuten.
“Um es den biologischen Verhaltensmustern der Synapsen gleichzutun, muss die Konnektivität des neuromorphen Gerätes dynamisch durch lokale Neurotransmitteraktivität reguliert werden…” - so das Forschungsteam..
Die neue Studie begann mit zwei Neuronen - der Upstream eine langlebige biologische Zelle, die Dopamin ausstieß - der Downstream ein künstliches Neuron hergestellt aus einem Mix biokompatibler und leitfähiger Materialien.
Das Team unternahm etliche Tests, inwiefern biologisch - hybride Misch - Nervennetze auch noch in der Lage waren (bzw. sind), zu lernen.Sie benutzten elektrische Methoden, um zuerst das biologische Dopamin Neuron zu aktivieren - und beobachteten dann das künstliche. Bereits der erste Versuch zeigte, dass das Abfeuern chemischer Signale auf künstliche Neuronen die beteiligten Neuronen anhaltend wandlungs- und lernfähig machen kann - auch ein “Recycling” beschädigter Strukturen ist denkbar.
“In dem Moment haben wir erkannt, welches Potential hier für die langfristige Nachahmung der Lern- und Reparaturprozesse einer Synapse besteht”, so Keene.
Aber alle diese Projekte stecken noch in den Kinderschuhen.
“Das Neurotransmitter getriebene neuromorphische Werkzeug aus dieser Studie bildet zweifelsfrei eine stabile Basis für die Entwicklung künstlicher neuraler Netzwerke, die aufgrund des biologischen Feedbacks lebender Neuronen direkt angepasst und feinjustiert werden können.. - ein zentraler Schritt in der Realisierung von Biohybrid Interfaces kommender Generationen …”
Auf jeden Fall aber ein faszinierendes Forschungs- und Wirtschaftsfeld, mit einem unglaublichen Zukunftspotenzial. Ein weiteres Beobachten lohnt sicherlich - wir sind gespannt auf die künftigen Entwicklungen aus der Welt des Neuromorphen Computing ...
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